Doch haben wir wirklich keine Zeit? Während wir keine Zeit haben surfen wir stundenlang sinnlos im Internet, schauen fernsehen, spielen Videospiele oder vertreiben uns mit anderen Dingen diese Zeit, die wir ja gar nicht haben, statt sie produktiv zu nutzen. Ich will damit nicht sagen, dass es unsinnig ist, seine Zeit so zu verbringen. Wenn man das möchte, kann man das gerne tun. Nur der Punkt zu sagen, man hat ja keine Zeit, ist meistens weniger eine Frage des tatsächlich keine Zeit habens sondern der Prioritätensetzung. Das Wetter ist vielleicht nicht so toll, es ist kalt oder ich bin einfach faul. Da bleibe ich lieber daheim und lasse die Zeit verstreichen, statt die Kamera zu schnappen und an meiner Kunst zu arbeiten.
Wenn die Photographie für einen selbst rein Hobby ist, nur dem Vergnügen dient, ist das auch ok. Wenn man aber später wieder unzufrieden ist, dass man wieder seit Wochen oder gar Monaten nicht photographieren war, muss man sich mal an die eigene Nase fassen. Ein wenig Überwindung und Disziplin braucht selbst ein Hobby manchmal. Und wenn man im Feld der Photographie (oder auch irgend einem anderen Feld) mehr sieht als nur ein Hobby, etwa seine persönliche Ausdrucksform, Kunst oder auch berufliche Perspektive, dann muss man diese Keine-Zeit-Ausrede härter angehen.
Oftmals hilft es, sich überhaupt darüber klar zu machen, wie viel Zeit wir den ganzen Tag über irgendwo liegen lassen ohne sie wirklich sinnvoll zu nutzen. Denn manchmal ist uns gar nicht bewusst, wie viel Zeit wir eigentlich hätten, wenn wir etwas strukturierter durch den Tag wandeln würden. Ohne diese Reflexion glauben wir uns oft selbst, dass wir tatsächlich keine Zeit haben, während es zumindest selten wirklich der Fall ist. Wenn ich am Rechner sitze, läuft im Hintergrund bei mir etwa ein kleines Tool mit, dass dokumentiert wie viel Zeit ich tatsächlich produktiv war, in dem ich etwa Lightroom oder Photoshop genutzt habe oder im Schreibprogramm Texte für den Blog oder andere Dinge in die Tastatur gehauen habe. Und es sagt mir wie viel Zeit ich etwa im Browser unterwegs oder anderweitig zeitverschwenderisch tätig war. Und besonders anfangs ist das erstmal ein Schock gewesen, so klar zu sehen, wie viel Zeit man vor dem Rechner verbringt und wie viel davon man tatsächlich gearbeitet hat. Mit etwas Zeit wurde meine Einschätzung da besser und damit auch meine Produktivität (was zum Beispiel mittlerweile auch diesem Blog zu Gute kommt).
In dem Lebensteil, der nicht am Rechner stattfindet, ist es natürlich etwas schwieriger, sich da genau einzuschätzen, denn bisher fehlen da solche Tools (was wohl auch gut so ist ;)). Aber mit etwas bewussterem Schauen darauf, was wir tun und wie der ganze Tag so vergeht, finden wir auch da immer wieder Zeitreserven, die wir anders nutzen können. Ob wir das immer auch tun, ist eine andere Frage. Denn was sich eigentlich hinter diesem “Ich habe gar keine Zeit” verbirgt ist ein “Ich habe keine Lust.” Keine Lust, von der gemütlichen Couch aufzustehen, keine Lust auf irgendetwas meine Konzentration zu richten, im allgemeinen keine Lust meinen Arsch mal hochzukriegen. Geschieht das nur ab und zu (und ist man sich idealer weise der Unlust als tatsächlichem Grund bewusst), dann ist das auch in Ordnung. Ist es aber ein Dauerzustand, belügt man damit sich und oft auch andere. Und letztendlich nimmt man sich auch einen guten Teil Lebensqualität, sich einzureden, dass man in einem permanenten Zustand der Hetze und Zeitlosigkeit stehe. Darüber freuen sich höchstens die grauen Männer.
Also heißt es für die, die immer keine Zeit haben mal zu überprüfen, wie sie ihre Zeit verbringen und dann zu schauen, ob da nicht doch einiges an unbewusster Unlust mitspielt. Und dann kann man sich überlegen, ob man sich dieser Unlust hingibt oder ob man doch lieber den Arsch hochkriegt und Zeit in die Dinge investiert, die einem wirklich am Herzen liegen.
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