Heute wirds persönlich hier. Ich habe mich mal dran versucht mein Verhältnis zur Photographie in Worte zu fassen, würde mich freuen dann auch zu hören, wie ihr es so damit haltet.
Wenn mich jemand nach meinen Hobbys fragt, fällt es mir immer schwer da Photographie zu nennen. Hobby wirkt da so belanglos, etwas was man tut, wenn man zu viel Zeit hat und sonst nichts besseres zu tun. Das ist da einfach zu schwach, fast verniedlicht. Seit ich vor zweieinhalb Jahren die Kamera in die Hand genommen hab fiel es mir sehr schnell schwer, sie überhaupt mal wieder wegzulegen. Ohne große Eingewöhnungszeit wurde die Jagd nach den Bildern zu einer Leidenschaft, die stellenweise an Besessenheit grenzt, die Photographie wurde meine Obsession.
Und das ist sie bis heute geblieben, nicht abgeschwächt, eher ständig wachsend. Soweit ich mich zurückerinnern kann war ich immer auf der Suche nach einer Möglichkeit, mich auch kreativ auszulassen. Versuche mit Malerei und Musik verliefen sehr schnell im Sand, das Schreiben begleitete mich deutlich länger, doch blieb es fast Hobby, erst als ich mich der Photographie zugewendet habe, fand ich das Medium, was meine Gedanken heute so gefangen hält. Das klingt, als wäre es etwas schlechtes, aber so mögen es vielleicht nur die in meinem Umfeld empfinden, denen ich mit dem photographieren auf die Nerven gehe. Mich selbst belastet es nicht, vielmehr ist es eine Befreiung.
Cartier-Bresson nannte die Photographie eine Art zu schreien, und manchmal ist sie das, ein Weg der Welt seine Meinung, seine Gefühle und Sehnsüchte entgegen zu schreien, statt sie in sich einzuschließen. Manchmal ist sie aber auch nur ein Flüstern, ein sanfter Hinweis auf die Welt der Gedanken, die hinter den Bildern liegen, entdeckbar für die, die wirklich suchen, ein Geheimnis für die, die nur kurz vorbei schauen.
So oder so ist es meine Methode geworden, die Bilder, die bisher in meinem Kopf gefangen waren auch außerhalb meiner Gedankenwelt zugänglich zu machen. Das gelingt selten genauso, wie gedacht, aber mit mehr Übung nähere ich mich dem Gedankenbild mehr und mehr an, die Grenzen zwischen Vision und Realität werden kleiner, durchlässiger. Doch auch die Realität drängt sich mehr und mehr in die Visionen, die mich umgebende Welt ist kein rein passiver Gegenstand, den ich für meine Bilder verwende.Man trainiert den Blick, schärft das Auge und mehr und mehr fallen einem dann kleine und große Details auf, die sonst im Alltagssog verloren gingen, an denen man, ohne sie zu beachten, vorbeiging.
Gerade sitze ich im Zug nach Hamburg und sehe die niedersächsische Landschaft am Fenster vorbeieilen. Und überall schreien sie fast zurück, die noch ungemachten Bilder, die Möglichkeiten etwas zu kreieren. Kurz tauchen sie auf, bevor sie wieder verschwinden, bevor andere auftauchen, näher, lauter. Die Photographie hat da mein Leben reicher, voller gemacht. Wo früher die Welt nur vorbeigerauscht ist, “spricht” sie heute mit mir, es entsteht eine Art visueller Dialog zwischen mir und den Dingen, den Häusern, den Straßen, den Wäldern, den kleinen Ecken und Kanten, die kaum auffallen. Die Welt singt ihr Lied und mehr und mehr bin ich fähig, auch zuzuhören.
Oft sind meine Fähigkeiten noch zu gering, um dem wirklich gerecht zu werden, um wirklich das “Gehörte” in ein Bild zu bannen. Da kommt dann oft eine gewisse Unzufriedenheit mit mir und meinen Fähigkeiten auf, doch im Gegensatz zu meinen Versuchen mit der Musik schreckt mich das nicht ab, es treibt mich weiter vorwärts, mehr auszuprobieren, zu lernen, besser zu werden, die Bilder, die in meinem Kopf entstehen auch auf den Sensor und letztendlich auf Papier zu bannen.
Für mich ist die Photographie so etwas sehr persönliches, dass ich aber gleichzeitig mit anderen Menschen teilen kann, zum einen, in dem ich ihnen meine Bilder zeige, die vielleicht mehr über mich verraten, als mir manchmal lieb ist, aber zum anderen auch indem ich sie als Motiv vor meiner Kamera begrüßen darf. So kann ich sie einbeziehen in meinen visuellen Dialog mit der Welt und gemeinsam kreiert man noch etwas anderes, Portraits, die nicht nur etwas über mich, sondern auch über den Portraitierten aussagen oder auch Fashion und Beauty, Genres, in denen ich mehr auf der Jagd nach meiner eigenen Vorstellung von Ästhetik bin, dem Versuch nicht einfach nur Wahrheiten abzubilden, sondern meine eigene zu erzählen, nicht nur dem Strom an Meinungen zuzuhören, sondern meine eigene dem hinzuzufügen, sie dem Rest der Welt entgegen zu schreien oder zu flüstern. Manchmal sind Bilder laut, manchmal leise, aber für mich immer persönlich, ein Teil von mir, den ich mit der Welt teilen kann.
Und damit das Ganze nicht leeres Gerede bleibt oder hier nur noch Text steht, bring ich auch Bilder aus der Hansestadt mit, die ich in Ruhe in Lightroom verfeinern konnte, während der Zug mich durch die Nacht wieder nach Hause transportiert hat. Jetzt also endlich zu den Bildern: